Ihr wisst nicht, was Ostern ist? Das sind jene Tage im Frühjahr, da in Oldenburg ein ganz besonderes Spektakel stattfindet, und zwar das der berühmten Hasentunke. Ein jeder ist in diesen Tagen von der Arbeit frei gestellt und hat sich im Allgemeinen bereits Wochen davor vorbereitet. So eine Hasentunke, dass weiß man, wenn man einmal daran teilgenommen hat, erfordert außergewöhnlich viel Kondition, List und jede Menge Schokolade.
Aber von Anfang an. Die Konditoren der Stadt stellen am Abend des Karfreitag große Bottiche voller Kuvertüre auf dem Marktplatz auf, und so genannte Feuerknechte sind in den nächsten Tagen dafür verantwortlich, dass die Feuer unter ihnen nicht verglimmen, sondern die Schokolade flüssig und einsatzbereit halten.
Der Rest ist Bürgersache. Die Oldenburger ziehen mit buntbeflaggten Stangen und Netzen hinaus auf die Wiesen und veranstalten eine Hetzjagd auf die Hasen, die dort leben. Wann immer es gelingt, einen Hasen aufzutreiben, so wird versucht, die arme Kreatur in Richtung des Marktplatzes zu bewegen. Am Einfachsten gelingt dies, kann das Tier gefangen werden; die hohe Kunst des Hasentunkens sieht aber vor, den Hasen quasi aus eigenem Antrieb heraus in die Nähe der Kuvertürebottiche zu bewegen.
Einmal dort angekommen, bildet die johlende Menge einen so engen Kreis um Bottiche und Langohr, dass diesem kein anderer Ausweg erscheint als der Sprung in die Kuvertüre. Und wieder hinaus, versteht sich, und in voller Schokoladenmontur aufgebracht durch die Gassen der Stadt. In anderen Städten des Landes ist diese hübsche Tradition übrigens verloren gegangen. Da begnügt man sich mittlerweile, Hohlfiguren aus Schokolade herzustellen, die wenigstens äußerlich dem Schokoladenhasen nahe kommen. Darüber aber rümpft, was ein echter Oldenburger ist, die Nase. Das seien keine Frohe Ostern, das seien höchstens Faule Ostern!