Tiefenkrankheit [ 1 ]

Aber von Anfang an. Nicht nur, dass dem Reisenden der Weg nach Oldenburg durch Marschland, Moore und Sümpfe auf ekligste Weise erschwert wird – am schlimmsten sind die Gefahren, die dem Fremden durch die besondere Tiefenlage Oldenburgs drohen.

Oldenburg liegt lediglich zwei – zwei! – Meter über dem Meeresspiegel. Was das konkret bedeutet, darüber machen sich die wenigsten Reisenden Gedanken.

Denn wer zu schnell aus höher gelegenen Gebieten anreist – und das ist immerhin fast der gesamte Rest der Welt – der darf pro Tag maximal hundert Meter absteigen, sonst drohen rasender Kopfschmerz, Atem- und Schlaflosigkeit. Das wiederum liegt an dem fast schon obszön hohen Sauerstoffgehalt der Luft in diesen Tiefen.

Wer auf erste Anzeichen der unterschätzten Tiefenkrankheit nicht achtet und entgegen aller Empfehlungen nicht in höhere Lagen aufsteigt, dem drohen im schlimmsten Falle sogenannte Tiefenlungen- und Hirnödeme.

Hat man es schließlich nach Oldenburg doch geschafft, sollte man es in den ersten Tagen ruhig angehen lassen und am besten den Eingeborenen nacheifern: Bei jeglicher Gelegenheit soviel Tee in sich hineinschütten als irgend möglich. Das gleicht den Flüssigkeitshaushalt aus und hebt ungemein die Laune.

Falls auch das nichts nützt, so haben die Oldenburger in ihrer rastlosen Fürsorge für Zugereiste einen besonderen Turm errichtet, in dem die Tiefenkranken verarztet werden. Immerhin befinden sie sich dort knapp acht Meter über dem Straßenniveau, und die peinliche Dichte der Luft nimmt nach oben hin wieder etwas ab.

Die Lappen, wie die kränklichen Ortsfremden augenzwinkernd genannt werden, werden dort rund um die Uhr gepflegt, und so heißt der Turm nach jenen, die in ihm darben: Lappan.