Braque Noire [ 11 ]

Lange Zeit vor der Wasserteilung kam es zu mehreren, verheerenden Sturmfluten. Brüllend und tosend kam das Meer gegen das Land angedonnert und fraß sich in seinen Leib hinein, nagte und kaute so lange, bis es sich ganze Häuser, Kirchen und Dörfer einverleibt hatte.

Eine dunkle Zeit. Viele Häuptlinge der Region waren dafür, das Meer ein für alle Mal abzuschaffen, es zu verneinen, auszuradieren, es rüberzuschicken nach den britischen Inseln – aber da niemand wusste, wie das zu bewerkstelligen sei, platzte dieser Plan.

Kurze Zeit nach den Sturmfluten färbte sich die Bucht pechschwarz. Das Meer hatte Teile der Moore mit sich genommen, das sich nun immer weiter ins Meerwasser entleerte und es in ein großes, schwarzes Brack verwandelte.

Keiner, der die Stürme und die Fluten überlebt hatte, mochte die Bucht noch sehen oder gar die Fische daraus essen. Doch was tun? Das schwarze Brack war da, daran ließ sich nicht rütteln. Die Wirtschaft des Landes lag darnieder – Fischerei, Landwirtschaft, alles war erschüttert worden. Noch dazu lähmte das Brack die Menschen, die sich in seiner Nähe beklemmt und bedroht fühlten.

Ein kleiner Schreibwarenhändler aus Oldenburg brachte den Wandel. Beim Glaser bestellte er ein paar tausend Fläschchen, füllte an der Bucht das pechschwarze Brackwasser ab, nannte es Braque Noire und verkaufte sein Produkt als Spezialtinte an die wohlhabende Bevölkerung des südlichen Inlandes. Ein florierender Wirtschaftszweig entstand, auf den die Stadt bis heute zurecht stolz ist.