Kalter Krieg in Ostfriesland

geschrieben am 24.05.2012

Ricarda kenne ich seit Jahren. Sie lebt auch schon viele Jahre in Berlin, stammt aber aus Jever in Oldenburg. Von ihr weiß ich auch, dass man Jefer sagt und nicht Jewer. Auch wenn das berühmte Hopfengetränk in der Werbung ständig unrasierte Männer in die Dünen fallen lässt und dazu klar und deutlich: Jewer gesagt wird. So kann der Rest der Republik das ja nicht lernen. Ricarda jedenfalls, antwortete auf meine  „Was weißt du von Oldenburg?“-Frage, dass Oldenburg für sie, als „Kleinstadtpflanze“, ein richtiges „Highlight war, die nächste Großstadt eben.“ Dorthin wurde hauptsächlich zum Einkaufen gefahren. Zum Tanzen fuhren die jungen Jeveraner allerdings lieber ins „Tunis“ nach Marx. „Wie Karl Marx“, sagte Ricarda. „Ach“, sagte ich erstaunt. Weil Karl Marx ja irgendwie verantwortlich war für die ersten zwanzig Jahre meines Lebens. Mit Tanzen habe ich Marx natürlich nicht unbedingt verbunden. Dass der Grundmoränensee in Marx dann auch noch „Schwarzes Meer“ heißt und damit so, wie das einzige südliche Meer im alten Ostblock, machte die Sache noch verwirrender. „Ach ja, und in der Nachbarschaft von Marx gibt es auch noch Amerika und Rußland. Dazwischen ist ein ganz berühmter Wanderweg.“, sagte meine Jeveraner Freundin ganz nebenbei. Amerika und Rußland, so lernte ich, sind Teile von Friedeburg. Friede Burg! Ich bin ein Kind des kalten Krieges, und Amerika und Russland in Friedeburg erscheint mir dann doch ein ganz besonderer Ostfriesenwitz zu sein.