Das Glyzinienproblem von Osternburg

geschrieben am 01.12.2011

2011_12_01_Bild1_grossSie kommt scheinbar aus dem Nichts. Sie ist blitzschnell und ihr Appetit kennt keine Grenzen. Die Rede ist von der Osternburger Glyzinie (Wisteria Osternburgiae). Jahr für Jahr fallen ihr in diesem Stadtteil durchschnittlich fünfzehn Häuser zu Opfer. Die Bewohner sind meist machtlos. Um ihr Haus überhaupt verlassen zu können, müssen sie morgens mit Buschmessern notdürftig im Türbereich Löcher schlagen, die bis zum Abend längst wieder zugewuchert sind. An Tageslicht im Wohnbereich ist nicht mehr zu denken, Mobiltelefone verlieren ihren Empfang, das Rascheln der Blätter und das Schmatzen der Blütenstände lässt Gespräche unmöglich werden. Darüber hinaus werden die Einsparungen in den Heizkosten aufgrund der erhöhten Isolation sofort wieder ausgeglichen durch die erhöhten Ausgaben für Rinderrollbraten. Rinderrollbraten ist die einzige Nahrung, die die Osternburger Glyzinie akzeptiert und ihre Aufmerksamkeit von der Bausubstanz abzulenken vermag, und auch von den Haustieren, die sie sonst als Zwischenmahlzeiten schätzt.

„Ja, es gibt ein Glyzinienproblem. Und ja, wir arbeiten fieberhaft an einer Lösung“, versprach Stadtrat Peter Windhorst bereits im Jahr 2009, aber bislang blieb das ein leeres Versprechen. Nun ist für 2012 zumindest ein Glyzinienfreier Sonntag in der Diskussion, der allerdings von der Opposition und auch von den Glyzinien selbst harsch kritisiert wird. Stattdessen wird vorgeschlagen, aus der Not eine Tugend zu machen, und die Osternburger Glyzinie als Alleinstellungsmerkmal der Stadt mit ins Entwicklungsprogramm „step25“ aufzunehmen. Am Motiv „Talente, Toleranz, Technologie, Tradition und Hülsenfrüchtler“ wird noch gefeilt.