Reichlich gedeckt [ 17 ]

Ich warte auf die Dämmerung und mache mich dann auf den Weg zu Aufsichtsrats Frauchen. Unangekündigter Besuch. Ich weiß nicht, warum ich darauf aus bin, Spiele zu spielen. Mein Gefühl sagt mir: Sie hat damit angefangen. Lass sie nicht die Zügel halten.

Stehe in der Auffahrt, scharre im fein geharkten Kies, rauche gierig. Knispele mit dem Daumen am Namensschildchen neben der Klingel: “Resiak”, drücke die Glutspitze hinein. Brandfleck. Spucke auf den Boden. Klingele.

Sie steht in der offenen Tür, keineswegs überrascht, ganz im Gegenteil, glühend vor Herzlichkeit, energiegeladen und anziehend. Aus der offenen Tür strömt eine wohlriechende Wärme, dahinter liegt die sanfte Helligkeit einer wohligen Höhle. Sie ignoriert die Hand, die ich ihr hinhalte, gibt mir ein Küsschen auf die Wange. Limette, Zaubernuss und Bergamotte.

“Ich habe Sie erwartet”, schnurrt sie.
“Ja”, sage ich, “Tut mir leid, ich war beschäftigt. Da haben Sie eine Weile warten müssen.”

Da ist ihr Gicksen wieder, nach dem sie sofort mit der rechten Hand schnappt. Augenaufschlag. Funkeln. Und weg. Sie schüttelt den Kopf, sagt: “I wo”

Sagt sie wirklich “I wo”? Sie dreht sich um und geht. Ich sehe ihrem Knabenkörper nach, er wohnt heute in einem Raum aus edlem Stoff, sicher irgendein seltenes Hochlandschaf. Strumpfhose, klackerndes Schuhwerk, dem ich folge. Als ich durch eine Flügeltür trete und nach links tiefer in das Haus eintrete, sehe ich eine Tafel vor mir aufgebaut. Zwei Plätze, reichlich gedeckt. “Sie kommen genau richtig!” Gicksen. Ich möchte sie beißen, möchte wissen, ob sie immer noch gicksen würde. “Setzen Sie sich. Erst essen wir, dann regeln wir das Geschäftliche …”

“Ich kann nicht lange bleiben”, sage ich.
“Sie können. Sonst wären Sie nicht hier.” Muss grinsen. Schüttele den Kopf.
“Noch verabredet, wichtiger Kunde …”
“Soso.”
Ich nicke.
Sie schenkt Wein in Gläser, hält mir eines hin.
“Stoßen Sie wenigstens kurz mit mir an.”
Ich nicke.
Wir stoßen an.
“Auf uns.”
“Ach ja?”
Sie nickt, lächelt. Gickst und fängt es mit der rechten. Kleine Hände, zierliche Finger, grazil. Heute nackt und unverborgen.
“Auf unsere Abmachung.”
Ich stelle das Glas ab: “Nichts ist abgemacht.”
“Sonst wären Sie nicht hier.”
“So einfach ist das nicht …”
“Sie haben meinen Hund bereits mit sich genommen …”
Ich sehe auf die Uhr, nehme das Glas, stürze es. Frau Resiak lächelt, blinzelt in das Taubrot ihres Glases, dreht es spielerisch zwischen Daumen und Zeigefinger. “Kommen Sie morgen wieder. Bringen Sie etwas mehr Zeit mit. Ich will Ihnen etwas zeigen.”