Sie sieht sich um [ 21 ]

Es wird langsam warm.
Wir schreiten durch den parkähnlichen Garten. Schweigen. Ihre zierlichen Finger in den Taschen ihres weiten grauen Wollpullovers. Schritte auf knirschendem Kies. Mein Herz schlägt bis zum Hals, warum?
“Fünfundzwanzigtausend”, würge ich irgendwann hervor. “Keine Festanstellung.”
Ihr Blick springt mir ins Gesicht, ihr Lächeln streift mich kurz. Sie nickt.
“Es liegt bei Ihnen”, sagt sie und zuckt ihre winzigen Schultern. “Sehen Sie”, sie nickt in Richtung eines Schuppens. Dann bleibt sie unvermittelt stehen und dreht sich zu mir. Ihre Hände fassen meine. Kleine, weiche, warme Hände. Ihr Gesicht kommt meinem nah, nicht zu nah, eben so, dass es zu ihrer gesenkten Stimme passt: “Es liegt bei Ihnen. Ich brauche Sie. Ich habe Pläne, aber dafür brauche ich Sie.”

Sie schließt den Schuppen auf, sie wolle mir etwas zeigen. Bitte.
Vielleicht, dass der Schuppen kein Schuppen ist, kein Gartenhäuschen, sondern eine kleine Halle, in dem nur einige Kisten, Kartons und Gartengeräte lagern.
Wie weit ich sei.
Noch nicht begonnen.
Nicken.
Wir müssten uns erst einig werden.
“Sicher. Ich biete Ihnen fünftausend Euro, drei Monate lang mit der Option auf Festanstellung für…, sagen wir, drei Jahre.”
“Was haben Sie vor?“
Schulterzucken. Ihr Mund verschwindet hinter dem Ärmel, ihre Augen blitzen. Flirtet sie?
“Was soll ich für Sie präparieren? Haben Sie den Keller voll Leichen?”
Ihr gicksendes Lachen, sie dreht sich auf dem linken Fuß wie ein kleines Mädchen.
“Fünfundzwanzigtausend”, sage ich, “Bleibe dabei. Fixpreis für die angefragten Arbeiten, inklusive Material. Keine Festanstellung.”
“Ich möchte dabei sein. Ich möchte Ihnen zusehen.”
“Das ist ausgeschlossen. Ich arbeite ausschließlich allein in meiner Werkstatt.”
“Ich möchte, dass sie hier arbeiten.”
“Hier arbeiten?”
“In diesem Schuppen. Ich möchte, dass Sie eine Werkstatt einrichten. Ihre Werkstatt. Die perfekte Werkstatt. Alles, was Sie brauchen. Verstehen Sie? Sie bekommen ein Budget, ein großzügiges Budget und Sie können sich Ihren eigenen Arbeitsplatz schaffen, so wie Sie ihn sich immer vorgestellt haben.“
Sie lächelt, legt ihre Hand auf meinen Arm. “Wäre das nicht schön?”, sagt sie, “Sich mal einen Traum zu erfüllen?”
“Und wenn ich dann nach drei Monaten wieder weg bin?”
Sie sieht mich an und ich kann fühlen, wie ich in diesem Moment gekarpert werde, wie sie mit ihrem Blick in mich hinabsteigt, durch die Augen in den Schädel und tiefer hinein, ich kann mich nicht bewegen, kann die Augen nicht schließen, sie sieht sich interessiert in mir um und springt wieder hinaus. Von außen hätte keiner etwas gesehen, wir lächeln uns zu. Teilen wir ein Geheimnis?
“Sind Sie nicht”, sagt sie, “Es wird Ihnen gefallen.”
“Da sind Sie sicher?”
Sie nickt und breitet die Arme aus, schwenkt großzügig durch den Raum: “So viel Platz für ihre Träume. Ihr Handwerk. Ihre Kunst!”
Kunst, ja!