Die Spur führt nach Cloppenburg

geschrieben am 29.11.2012

Und dort endet sie auch. Vorerst. Morgen, am Freitag 30.11.2012, liest in Cloppenburg Mechthild Lanfermann aus ihrem aktuellen Buch „Wer im Trüben fischt“. Im Bebop. Angeblich eine Musik- und Kulturkneipe. An sich schon verdächtig. Mechthild Lanfermann ist ein Kind der Stadt Cloppenburg. Das heißt, um genau zu sein, sie ist in Kneheim geboren. Und wäre ich jetzt Kommissar Sander, der knöcheltief auf einem vom Regen aufgeweichten Acker im Oldenburger Land steht, dann würde ich genau an dieser Stelle meine Assistentin fragen: „Kneheim? Wo zur Hölle ist Kneheim?“ Und die schnippische Assistentin würde antworten: „Keine Ahnung, Chef. Das Kaff hat nicht einmal einen Wikipediaeintrag.“ Dann würde ich irgendetwas grummeln und den Gerichtsmediziner fragen: „Wann und wie ist denn nun der Tod eingetreten“. Aber ich bin ja gar kein Kommissar, und ich habe auch keine Leiche. Aber Mechthild Lanfermann hat eine. Sie ist Krimiautorin und ihr bei BTB erschienenes Debüt „Wer im Trüben fischt“ ist hoch gelobt. Darum geht es: Die Journalistin Emma hat nach einem Skandal ihre Heimatstadt Bremen verlassen. Gerade versucht sie Fuß bei einem Berliner Radiosender zu fassen, da wird der amerikanische Professor Tom Rosenberg ermordet. Emma berichtet als erste von dem Vorfall in der Universität. Sie findet heraus, dass der jüdische Wissenschaftler deutsche Wurzeln hatte und sich durch seine Publikationen in einigen Zirkeln nicht gerade beliebt gemacht hatte. Bei ihren Recherchen kommt Emma schließlich nicht nur dem ermittelnden Kommissar Edgar Blume in die Quere. Sie deckt eine unglaubliche Geschichte um Neid, Liebe und Verrat auf, die in die Bauhaus-Szene der Vorkriegsjahre reicht und in die selbst honorige Berliner Kreise verstrickt sind. Und merkt fast zu spät, dass der Täter es längst auf sie abgesehen hat … http://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Wer-im-Trueben-fischt-Kriminalroman/Mechthild-Lanfermann/e389962.rhd
Mechthild Lanfermann ist außerdem auch eine von mir sehr geschätzte Radiokollegin, und während wir im Deutschlandradio O-Töne schneiden oder Interviews führen, finden wir immer auch ein bisschen Zeit  um über das Bücherschreiben zu reden. Für die Lesung wünsche ich: Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. (20 Uhr, Bebop, Bahnhofstr. 12, Cloppenburg) Und noch mehr über Mechthild Lanfermann und ihren Bezug zur Gegend gibt es hier.

Preisträger

geschrieben am 04.12.2012

Die Tage werden immer kürzer, und auch die fehlenden Einträge im Blogbuch sind gezählt. Also Zeit um noch ein paar Schulden abzuarbeiten. Nach dem Oldenburger Filmfest hatte ich versprochen mir den mehrfachen Preisträgerfilm „Oh Boy“ von Regisseur Jan Ole Gerster anzusehen. In Berlin lief er in meinem Lieblingskino, dem Kino International. Das liegt am Alexanderplatz und ist so eine riesige Kiste mit nur einem Saal und einem glitzerndem silbernen Vorhang. Im Foyer gibt es eine Bar und große Kronleuchter. Ein wirklich tolles Kino. http://kino-international.com/ oder http://www.berlinale.de/de/programm/spielst_tten/kinos/index.html Aber wie das mit Kindern so ist, als wir endlich soweit waren, hatte der Film im International schon begonnen. Also schnell zum Hackeschen Markt. Wir haben es geschafft! Ich fand den Film mutig und gelungen. Berlin ist nun wirklich hoch- und runtergefilmt worden. Da noch einen neuen Blick zu finden ist nicht einfach, und dann auch noch in Schwarz/Weiß! Und sich immer wieder die Einstellung: Berlin – Ecke Schönhauser – zu trauen, die nicht nur an den gleichnamigen Film von Gerhard Klein erinnert,   sondern auch an viele andere Berlin Filme, dass war mehr als mutig und dann doch sehr eigenständig. Die Musik war besonders, die Schauspieler fand ich sehr gut (Auch wenn ich bei Friederike Kempter eine Weile an Nadeshda Krusenstern aus dem Münster-Tatort denken musste. Aber da hat sie sich schnell rausgespielt!) Meine Lieblingsszene war die mit RP Kahl als Fahrkartenkontrolleur, und wann immer ich ihn jetzt sehen werde, werde ich wohl: „Klar, du bist R2D2“, denken müssen! Gefallen hat mir auch, dass der Film gar nicht traurig war. Was er gewesen wäre, wäre er in den 90er Jahren gedreht worden. Aber sonst unterschied sich die Geschichte gar nicht so sehr vom Berlin vor 20 Jahren. Und auf der Suche nach einer Tasse Kaffee war schnell die Frage klar, die der Film stellte: Wer sind eigentlich die Irren, die die sich durch den Tag treiben lassen und seit zwei Jahren „nachdenken“ oder doch alle anderen? Ich freu mich auf  den nächsten Film von Jan Ole Gerster!

Nachgefragt

geschrieben am 06.12.2012

„Was weißt du von Oldenburg?“, das habe ich verschiedene Menschen gefragt. Als ich vor ein paar Tagen meiner guten Freundin und Kollegin Judith Hermann vom Oldenburg Blogbuch und auch von dieser Frage erzählte, sagte sie: „Das kannst du mich auch mal fragen!“ Schneller als ich dies überhaupt tun konnte. Das ist eigentlich nicht ihre Art. Aber im Gegensatz zu mir, der ich ja das erste Mal zur Lesung der Literatour Nord in Oldenburg war, hat Judith tatsächlich eine längere Geschichte mit dem Nordwesten Deutschlands. Ihre Großmutter kam aus Friesland und schon als Kind hat sie hier ihre Sommer verbracht. Bis heute ist das so geblieben, und ich habe sie auch ein paar Mal in Horumersiel besucht, diesem schönen Kurort hinterm Deich. Und wenn wir Glück hatten mit dem Wetter, dann war es dort wirklich verwunschen und besonders. Auch wenn ich mich als Kind der Ostsee erst daran gewöhnen musste, dass das Meer eben manchmal nicht da ist. Außerdem: Auch wenn es geregnet hat war es dort schön, nur eben oft sehr, sehr kalt. „Oldenburg“, sagte Judith zu mir. „War immer der Anfang, so etwas wie die Eingangstür in diese friesisch-kindliche Welt. Wenn der Zug in Oldenburg einfuhr, dann war ich angekommen. Außerdem leben mein Neffe und meine Nichte inzwischen in Oldenburg, und so habe ich auch schon Theateraufführungen an der dortigen Waldorfschule gesehen.“ Als junges Mädchen saß sie im Café „Godewind“ in Jever und klar: Im „Tunis“ in Marx hat sie auch getanzt. Da habe ich sie ein bisschen beneidet, um ihre tatsächlichen Erfahrungen vor Ort und gedacht, dass man online eben doch nicht alles nachholen kann.

Der neue Kohl

geschrieben am 11.12.2012

Oldenburg hat einen neuen König. Er amtiert noch nicht, aber er ist bereits gewählt, was bei Königen immer ein wenig zwielichtig erscheint, denn schließlich sind sie ja Könige und die haben mit der Demokratie bekanntlich  nicht viel am Hut. Es handelt sich natürlich um den neuen Kohlkönig. Während es beim Wein, den Äpfeln oder der Heide immer um Königinnen geht und dabei möglichst junge hübsche Mädchen gewählt werden, scheint es beim Oldenburger Kohlkönig um andere Werte zu gehen. Als Schönheiten kann man die vergangenen Könige Philip Rösler und Günhter Oettinger nicht unbedingt bezeichnen. Und auch die neue Majestät, Bundesumweltminister Peter Altmaier, würde vermutlich keine klassische Miss- bzw. Misterwahl gewinnen. Er erinnert optisch eher an den Altkanzler Kohl, aber da kommen wir jetzt mit dem Kohl durcheinander. Am 25. Februar wird Altmaier beim 56. „Defftig Ollnborger Gröönkohl-Äten“ in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin gekürt. Maik Nolte hat ein lesenswertes Portrait im Oldenburger Lokalteil geschrieben. Ein bisschen bin ich ja schon auf Abschied gestimmt, und deshalb möchte ich die Arbeit des Oldenburger Lokalteils noch einmal hervorheben. Bis zu meiner virtuellen Stadtschreiberstelle in Oldenburg war mir kein unabhängiger virtueller Lokalteil bekannt, und ich finde Oldenburg kann sich glücklich schätzen, so etwas zu haben. Vielleicht liegt hier die Zukunft des Journalismus. Ich habe mir die Seite oft angesehen, hier Themen gefunden und manchmal gelacht. Sicher, ich war nicht immer einer Meinung mit dem Oldenburger Lokalteil, aber so gehört sich das ja auch für eine gute Zeitung. Auch wenn sie virtuell ist. Ich wünsche also weiterhin viel Erfolg bei der Arbeit und: Immer eine Handbreit Euros unter dem Kiel!

Wiedergänger

geschrieben am 13.12.2012

Bei einer Lesung vor ein paar Tagen wurde ich gefragt, was für ein Verhältnis man als Autor zu seinen Figuren aufbaut. Ob man sie mag oder ob sie einem auch auf die Nerven gehen? Das kann man wohl sagen! In meinem Oldenburger Blogbuch hatte ich die Figur des virtuellen Stadtschreibers eingeführt, der eine gewisse Ähnlichkeit mit mir hatte. Er sollte Matjes mit Apfel-Couscous und Curryschaum essen, weil das im Capitänshaus auf Spiekeroog so gekocht wird, und er das den Oldenburgern versprochen hatte. Es endete mit dieser Figur, wie sie sich vielleicht erinnern werden, in der Psychiatrie. Vollgepumpt mit Medikamenten. Und ich, „der ach so allmächtige“ Autor wusste nicht wie ich ihn da wieder rauskriegen sollte. Also ließ ich ihn einfach liegen. Das geht natürlich nicht und versprochen ist versprochen.

Ich habe mir also einen freien Nachmittag genommen. Matjes gekauft, den Couscous gekocht, Äpfelstücke und Apfelsaft darunter gezogen. Dann für den Curryschaum: Schalotten, Ananas, Bananen (!) und Äpfel gewürfelt und in Butter angeschwitzt. Currypulver dazugegeben. Kurz und gut das ganze Rezept nachgekocht. Als ich fertig war und mich vor den Teller setzte, kam meine Familie nach Hause. „Riecht wie beim Inder“, sagte meine Frau. „Keine Witze“, knurrte ich und bis in den mit Curryschaum überzogenen Fisch. Meine Kinder standen vor mir in dicken Jacken und mit schief sitzenden Mützen auf den Köpfen. Sie sagten nichts und sahen mich an, als würde ich gleiche ein Zauberkunststück vollführen. Dann kam meine Frau, sah kurz auf den Teller und sagte: „Oh verstehe. Die Matjesnummer. Und schmeckt es?“ Ich schluckte den Fisch hinunter und antwortete: „Kann man essen. Wird nicht mein Lieblingsgericht, aber kann man essen.“