Eine Art Baumhaus [ 15 ]

Besonders bemerkenswert aber war der Tag, als die Oldenburger aufwachten und feststellten, dass sich ihr prächtiges Schloss knappe acht Meter über den Boden erhoben hatte. Das Geschrei und Gezeter war groß; erst sollten’s mal wieder die Hamburger gewesen sein, dann die Bremer, und nach kurzer Zeit schon suchte man die Schuld bei wahlweise den Dänen, den Katholiken oder dem Beelzebub.

Nach genauerer Untersuchung stellte sich dann heraus, dass keiner der Beschuldigten etwas mit der Angelegenheit zu tun gehabt haben konnte. Das Schloss war weder von Manneshand noch von schwarzer Magie aus seinem Fundament gerissen worden, sondern von einem massiven Eichenwald.

Die Bäume wuchsen so eng beieinander, dass sie ganze Gebäudetrakte in die Luft hoben, ohne sie zu zerreissen. Ihre Kronen pressten so gleichmäßig von unten gegen die alte Wasserburg, dass sie keine andere Wahl gehabt hatte, als mit den Bäumen aus dem Boden zu wachsen.

Der Stadtschreiber, der sich sofort durch alte Aufzeichnungen wühlte, fand, dass das Schloss vor über tausend Jahren auf Pfählen aus Eichen gegründet worden war. Wie die Bäume nun, nach all der Zeit, wieder zum Leben erwachen konnten, stand da nicht. Vielleicht hatte es etwas mit dem überaus warmen, regenreichen Frühling zu tun gehabt.

„Großer Häuptling“, wandte sich der Stadtschreiber an Anton Günther, „Sie werden fortan mit einer Art Baumhaus vorlieb nehmen müssen.“