8. Bei Siggi und Bruno

Weil die Erftenmoder kein Hotel für mich reserviert hat, werde ich bei Siggi und Bruno wohnen. Ich habe die beiden über eine website gefunden, die private Unterkünfte an Reisende vermittelt. Ist auch viel besser so, sage ich mir zuversichtlich, denn so komme ich in Kontakt mit den Menschen vor Ort, und das ist wichtig, wenn man wirklich etwas über eine Stadt erfahren will. Vielleicht können mir Siggi und Bruno Geschichten aus ihrer Kindheit erzählen, vielleicht haben sie Großmütter und Großväter, die noch mit der Erftenmoder zur Schule gegangen sind, vielleicht sind sie direkte Nachfahren Ludwig Strackerjans.

Siggi und Bruno wohnen in einer ruhigen, gepflegten Straße, was mich nicht weiter überrascht, denn in Oldenburg sind alle Straßen ruhig und gepflegt. So kommt das zumindest jemandem aus Berlin vor. Bei den Häusern in ihrer Straße handelt es sich ausschließlich um weiße, sanierte Altbauten, und wie sie so in Reih und Glied stehen, erinnern sie mich irgendwie an ein Gebiss.
Nachdem Siggi und Bruno mich hereingebeten haben, werde ich zum Ostfriesentee in die Küche eingeladen. Mit Dialekten kenne ich mich überhaupt nicht aus, muss ich hier kurz einräumen. Mein Freund ist Österreicher, und selbst das habe ich die ersten zwei Jahre nicht gemerkt, aber bei Siggi und Bruno fällt mir gleich auf, dass etwas nicht stimmt. Sie begrüßen mich zwar mit „Moin“, erkundigen sich dann aber: „Handse gut hergfunde?“

Beim Ostfriesentee eröffnen mir die beiden schließlich, dass sie aus dem Schwabenland kommen. Sie sind erst vor drei Jahren nach Oldenburg gezogen, weil es ihnen hier im Norden so gut gefällt und sie früher oft an die Nordsee gefahren sind. Direkt am Meer ist es ihnen aber zu windig und zu kalt. Über Oldenburg wissen sie eigentlich gar nichts. Sie können mir sagen, wo ich gute Pizza essen und wo ich günstig einkaufen kann, aber als ich sie nach dem Unheimlichen, dem Abwegigen, dem Geisterhaften befrage, da fällt ihnen nicht das Geringste ein. Immerhin, auf dem Weg in mein Zimmer begegnet mir eine schwarze Katze, die mich irgendwie drohend anmaunzt.