Es gibt eine Grenze.
Ich ziehe hier nicht ein. Ich lege meine Unterhosen und Socken nicht in den von Frauchen dafür vorgesehenen Schrank. Ich arbeite hier. Ich bin zu einem gewissen Grad gespannt auf Frauchens Projekt, aber ich ziehe hier nicht ein. Das hier ist nicht mein Privatleben, auch wenn Rieke es sich hier bequem gemacht hat. Frauchen hat ihr zweieinhalb Zimmer im obersten Stockwerk zugewiesen. Sie hat am Ende des Flurs ein eigenes Bad. Die Haushälterin kocht zwei Portionen mehr (ja, ich esse mit. Es ist praktisch. Und wirklich ausgezeichnet, aber deshalb ziehe ich noch lange nicht ein). Sie hat mir die Wohnung im Souterrain gezeigt. “Ihr Reich”, hat sie gesagt. “Mietfrei. Wird zwei Mal wöchentlich gereinigt.” Saubere Handtücher, Laken et cetera. Drei Zimmer, Flachbildfernseher, Doppelbett, Regenschauerdusche, Fußheizung. Nein.
“Sie sparen sich die Fahrerei.”
“Ich liebe die Fahrerei.”
“Sie verlieren Zeit. Kostbare Zeit. Sie haben so viel zu tun. Sie haben so große Träume.”
“Was wissen Sie von meinen Träumen.”
“Sie werden sehen.”
“Ich werde nicht einziehen.”
“Das habe ich nicht behauptet.”
“Dann ist es ja gut.”
“Noch nicht.”
“Was soll das?”
“Es ist noch nicht gut.”
“Was?”
“Überlegen Sie es sich.”
So lässt sie einen stehen. Wie einen dummen Jungen. Man möchte sie packen und würgen. Beißen und streicheln. Lecken und schützen. Strafen und kitzeln. Es muss einen Abstand geben. Ich kann hier nicht komplett aufgehen, ich franse schon ausreichend aus. Ich muss mich selber bewahren. Diese Welt absorbiert mich, alles ist denkbar. Es ist als würde jemand mich umprogrammieren. Mein eigenes Projekt neu entwerfen.
Auf einem Schulklo auf der Berufsschule hatte jemand mit fettem Stift an die Tür gemalt: “play or be played.” Das ist hier die Frage. Und wie schlimm es eigentlich wäre, sich bespielen zu lassen, auf sich spielen zu lassen, mit sich spielen zu lassen. Meine Angst schwindet. Frauchens Leibeigener, warum nicht. Sklave zu sein, Diener, Knecht. Ihr Gefolge. Sexuelle Devianz? Wo sind meine Skrupel?