Der Stahlzaun, die Schritte im Kies, das Donnern des Blechs, die Stille meines Ateliers. Dieser große, stille Raum, wie er da liegt. Ein schlafendes Tier. Mein Tier. Ein Raum wie gemacht für mich. Von mir. Die logische Verlängerung dessen, was ich war. Ich sehe mich um, die Becken, die Truhen, die Tische und Werkzeuge. Regale voller Chemikalien, Abzugshauben und halbfertige Präparate. Wie kann man so lange von etwas träumen und es dann einfach wegwerfen. Ich stehe und atme und ich höre nur meinen Atem, sonst nichts. Ich möchte alles noch einmal berühren, bevor ich gehe. Ich möchte mich wirklich verabschieden. Das hier ist zu groß, um grußlos zu gehen. Mein Finger fährt über die Arbeitsflächen, tippt über die Stocher, die Messer, die Klammern und Nähte. Meine Hand fühlt die Wände, ich öffne noch einmal die Schubladen, nicke den Augen, Nasen und Zungen zu. Frauchen hat mir einen riesigen Spielplatz gebaut, ein Labor, ein Haus.Ich öffne Lohmanns Minibar. Schütte mir ein ganzes Glas in die Hände, ein bunter Eintopf. Wie schön. So viele Möglichkeiten. So viel Macht und Zauber in Tablettenform. Man stelle sich vor, ein Mensch im Mittelalter oder irgendein Urvolk-Schamane wäre im Besitz dieser vielleicht fünfzig Pillen gewesen – er wäre der Herrscher der Welt gewesen oder als Teufel denunziert worden.
„Sie wollen schon gehen?“
Ich drehe mich ruckartig um, mein Herz springt mir in den Hals. Frauchen? Woher? Egal. Natürlich, sie kann schweben, natürlich, sie kann gleiten. Natürlich, ich höre sie nicht kommen. Da steht das kleine, dünne Mädchen, das sie ist, unscheinbar und in lange Wolle gehüllt. Das gleiche unsichere Lächeln wie am Anfang. Sie nickt ganz sanft und obwohl sie am anderen Ende des Raumes steht, kann ich deutlich fühlen, wie sie meinen Hinterkopf hält und ganz leicht streichelt, von innen?
„Ich? Nein.“
„Kommen Sie.“
„Wie… wie kommen Sie darauf?“
Da muss sie schnauben, verächtlich, und macht zwei Schritte auf mich zu. Sie weiß, dass ich weiß, dass sie weiß. Es ist kein Geheimnis. Überhaupt, das ist ja das Faszinierende, ich brauche ihr nichts vorzumachen, sie mag Geheimnisse haben, ich habe meine in dem Moment aufgegeben, als ich zum ersten Mal durch ihr Stahltor geschritten bin.
„Was haben Sie da?“
Sie nickt in Richtung meiner Hand, die ich reflexhaft hinter meinem Rücken versteckt hatte.
„Raten Sie!“
Sie zuckt ihre kleinen Schultern, aber natürlich weiß sie es.
„Na los, raten Sie“, sage ich, ein letzter Anflug von Spiellaune.
„Sie haben ein Abschiedsgeschenk für mich?“
Und ich nicke und sage: „Ja.“ Warum ich das tue, ist mir schleierhaft. Frauchen kommt auf mich zugelaufen und tritt ein kleinwenig zu nah an mich heran. Ihr Kokon berührt meinen Kokon, massiert ihn geradezu. „Das ist süß von Ihnen“, haucht sie und ihre Lippen gleiten wie Yoga im Frühmorgen, tanzen sanft über ihre blendend weißen Zähne, ich sehe den schief stehenden Schneidezahn und bevor ich mir etwas wünschen kann, spüre ich ihre Lippen auf meinen und als ich die Augen wieder öffne, habe ich vergessen, ob sie mich geküsst hat oder ob ich es mir nur vorgestellt habe, hier ist alles Gedachte so echt und groß. Ihr verschmitztes Lächeln und wie dieser eine merkwürdige Zahn so keck auf der Unterlippe liegt, verraten nichts, nur dass alles denkbar ist.
„Nun zeigen Sie schon!“
Ich zögere, dann hole ich die Hand mit den Pillen vor dem Rücken hervor und halte sie vor sie hin, zwischen uns.
„Und das ist?“, fragt sie und schlägt die Augen nieder, auf meine Hand, ich fühle es glühen, fühle es kommen, fühle, wie ich komme. Hier und jetzt, ohne Vorwarnung und Berührung. Ich zucke, Frauchen lächelt, es platzt warm und feucht in meiner Körpermitte. Ich stehe und es zittert in mir, Pillen fallen aus meiner Hand, die ich wie ein dummer Diener noch immer ausgestreckt zwischen uns halte.
„Na, na“, macht Frauchen und bückt sich nach den drei, vier Pillen. Sie pickt danach mit ihren kleinen Händchen, pickt sie sich ganz selbstverständlich in den Mund. Nicht das geringste Zögern, wie ein kleiner Vogel Körner pickt.
„Und jetzt Sie!“, sagt sie ganz fröhlich.
„Das sind Drogen“, sage ich mit der Stimme eines Grundschülers.
„Ach was?“
„Sie werden mir fehlen“, sagt Frauchen.
Ich nicke und sage: „Sie mir auch.“ Und dann pickt ihre Hand mir ein paar bunte Pillen in den halboffenen Mund. Ich schlucke völlig selbstverständlich und denke noch: Der Countdown läuft. Denke noch: Oh nein. Denke noch: Ich wollte doch … denke noch. Ach, egal. Denke noch: Warum nicht. Ein Abschied. Trommelwirbel. Geigen. Finale. Dann Wald. Vor dem Wald, vor ewig Wald noch ein Ausflug mit Frauchen.
„Woher“, frage ich Frauchen mit immer heißer werdenden Augäpfeln, „wissen Sie eigentlich, dass ich …?“
Und ihr Lächeln ist Antwort genug, dennoch höre ich sie katzenartig schnurren: „Aber Loris, deshalb ist es doch so schade, dass Sie mich verlassen wollen, ich weiß doch, Sie spüren das auch, diese – wie soll ich sagen – besondere Verbindung unserer Seelen, unserer Träume und Bilder … Was meinen Sie? Schenken Sie mir noch diesen Nachmittag, bevor Sie auf immer im Wald verschwinden?“
Ich will noch fragen: Wald? Woher wissen Sie? Will noch sagen: Nein, es tut mir Leid, das kann ich leider nicht. Ich würde gern, aber ich kann nicht, ich muss jetzt leider gehen, will noch… wollte doch. Aber mein Körper ist nicht mehr mein Körper. Und mein Kopf ist nur ein Glas und Frauchen gießt großzügig ein. Ich nicke und mein Mund sagt: „Aber ja!“
Übergangslos sitzen wir auf einem Motorrad, meine Körpergrenze löst sich auf. Die Schnittstelle Haut, die Grenze zur Welt, wird weicher, franst aus. Ich hänge auf Frauchens Rücken und wir werden eins, ich fühle ihr Herz in mir schlagen, ihre Gedanken in mir kreisen. Der Fahrtwind kühlt meine Leber, Farben schwappen durch meine Brust. Wir sind eine Kammer in der Welt, ein vergrößertes Wesen mit zwei kleinen Herzen, verbunden zu einer Einheit, die Größeres könnte. Ich möchte niemals absteigen, niemals diesen Kontakt lösen, möchte niemals aufhören zu fahren, zu gleiten. Ich schalte die Ohren ab, schließe die Augen, da ist nur noch das Gleiten, ein leichtes Vibrieren und meine Wange auf Frauchens Rücken. Ich fühle endloses Vertrauen und bin wie Wasser in Wasser, ein Element, ich tropfe in sie hinein, ein Regentropfen, der auf eine meterhohe Welle fällt, sich verbindet und mit ihr über Land fährt, fällt, vernichtend, groß und endzeitlich. Alles ist wieder da, alles ist wieder weg. Wer ich war und wer ich bin und wer ich sein werde. Da ist nur das Schnurren, nur der Rücken, nur die Auflösung aller Grenzen.
Und dann stehen wir. Ich wage nicht, die Augen zu öffnen, selbst als der wollene Rücken sich von meiner Wange löst, wage ich es nicht, die Augen zu öffnen, will nicht, dass der Traum verschwindet, will die Farben an der Innenseite meiner Lider nicht verscheuchen, will nie wieder aufwachen, nie wieder Entscheidungen treffen müssen, will entschieden werden, ausgeliefert sein, will Werkzeug sein. Schnitz mich, Frauchen, mach Musik mit mir, spiel auf mir. Und da fühle ich, wie ihre warmen Lippen auf meine fallen, ihre, kleine nasse Zunge über meinen unbewegten Mund leckt, wie ein Kätzchen Milch aus einer fast leeren Schale schleckt.
„Loris“, sagt ihre Stimme, „öffnen Sie die Augen, ich will Ihnen etwas zeigen!“ Und ich will ihr gehorchen, aber ich habe die Kontrolle über meinen Körper verloren, ich könnte nicht zurücklecken, könnte nicht die Augen öffnen, könnte nicht aufstehen. Dann fühle ich ihr heißes Wispern in meinem Ohr, es sticht direkt in mein Hirn, es gibt keine Abstände mehr, ob sie wirklich mit mir redet oder direkt in mein Hirn denkt, es ist nicht zu unterscheiden. Wir sind nackt und rollen durch meterhohes Gras, während ich ihre Worte höre und Lohmann im Himmel über mich lacht: „Bevor Sie gehen, Loris, will ich Ihnen zeigen, was ich vorhatte. Sie haben ja immer danach gefragt, diese Antwort bin ich Ihnen schuldig …“ Und ihr Mund stülpt sich über meine Nase, saugt und ich fühle ihre Zunge in meinen Nasenlöchern, fühle sie gleiten und suchen, wie ein warmer Wurm, der in mein Kopfinneres vordringt. Dann gleitet sie über den Nasenrücken und leckt mir die Lider auf. Ein Gleißen fällt durch meine unverschließbaren Pupillen, bis tief in meine Knochen, ich bin weiß, nur weiß und vor mir ein Umriss aus Frauchen. Dann pegeln sich die Farben langsam ins Gewohnte zurück oder in eine entfernte, schlecht gemacht Kopie davon.
Das Mädchen ruft: „Kommen Sie!“, dreht sich um und rennt davon. Mühsam, unsicher, wankend steige ich von dem Motorrad, stehe, zittere, bin ohne klaren Körper in einer Landschaft, die mir irgendwie bekannt vorkommt, aber nur aus Einzelteilen besteht. Ich kann sie nicht zusammensetzen, ich sehe: kniehohes Gras, ein von allen Seiten strömendes Blau, sehe Fenster, ein ungebleichtes Knochengrau, sehe ein dunkelrotes Frauchenlachen, warm und kehlig, als Farbe, es donnert und schabt irgendwo in den Nebenhöhlen. Kommen Sie. Kommen Sie. Kommen Sie, als Regenbogen zwischen Stirn und Hypothalamus. Mein Atem geht, mein Herz steht, mein Körper weht. Ich möchte mich verkriechen, ich möchte das alles zusammensetzen, ich will eins sein, allsein. Und da nimmt mich eine Schildkröte an der Hand, zieht mich durch diese Welt aus Einzelteilen, bis ich irgendwann in einem kühlen, überschaubaren Etwas bin. Ich erkenne Frauchens Augen, diese Augen, die mich halten, auch wenn alles darum tanzt, ein Fixpunkt, ein Griff, ein Sicherheitsgurt, das Ende des Schwindels.
„Sehen Sie sich um!“, ruft das Mädchen. „Hier hätten wir unsere Träume ausgebaut, folgen Sie mir!“ Und das Mädchen zieht mich hinter sich her, es geht durch Flure über Treppen, höher und weiter. Sie erzählt: „Vor zweitausendzweihundert Jahren hat der erste Chinesische Kaiser Qin Shihuangdis die Terrakotta-Armee bauen lassen, Sie haben sicher davon gehört. Ein monumentales Projekt. Ein Leben in Übergröße. Wissen Sie, ich habe in mir drin immer gespürt, dass mir dieses eine wurmartige Leben nicht ausreicht, ich habe immer schon an einem Plan gebastelt, aber es hat gedauert, so lange gedauert, und erst als ich Sie getroffen habe, ist mir klar geworden, wie es aussehen müsste. Ich habe vor vier Jahren dieses Gebäude gekauft, als Zuhause für die Bilder in meinem Inneren. Hier sollte das entstehen, was ich der Welt zum Geschenk machen wollte.“
Ich nehme diese Worte in mich auf. Ich bin sie. Dann knallt es und ein Schmerz zieht sich vom Wangenknochen bis zum Knie. Es knallt. Und knallt. „Hören Sie!“, schreit das Mädchen und ihre Schildkrötenhändchen knallen links und rechts in mein Gesicht. „Loris, wachen Sie auf!“
Ich sehe Frauchens Pupillen auf der Horizontlinie entlanggleiten, links-rechts-links, ein Beschwörungstanz. Ein rhythmisches Flüstern kriecht von ihren dünnen, weichen Lippen in meinen Kopf oder singt sie? Ich höre sie beten, fühle, wie ihre Worte meine graue Nervenmasse kneten: „Die Terrakotta-Armee! Das war ein Anfang, eine Vorlage, eine Etüde. Verstehen Sie, Loris, ein primitiver Glaube hat zu einem Großprojekt geführt, das Jahrtausende überdauert hat, was meinen Sie, wozu wir in der Lage wären? Ich weiß doch, was Sie sehen, was Sie planen, zu was Sie in der Lage wären, multiplizieren Sie das mit meinen Bildern, die Ihre sind, die meine sind, addieren Sie die Terrakotta-Armee, potenzieren Sie das alles mit dem erworbenen Wissen all der Jahre, der Aufklärung, Kant und Nietzsche, stellen Sie sich vor: Hier, in diesem Wohnblock bauen wir eine Zeitkapsel, ein Weltwunder. Sehen Sie, ich habe eine Liste!“
Sie wischt mit einem Zettel durch die sich sehr langsam bewegende Luft. Ich denke: Ja, hier bin ich? Habe ich sie hierher gebracht? An diesen, meinen Ort, den seit Jahren verlassenen, halbverfallenen Wohnblock, draußen vor der Stadt? Hat sie mich hierher gebracht? Habe ich ihr wirklich das geheime Zuhause meiner Träume gezeigt?
„Das …“, stammele ich, unsicher, ob ich noch die mir bekannte Sprache spreche, „ist… Ihr…?“
„Ja“, antwortet Frauchen mit ihrer ruhigen Yogastimme, „ja, ich habe es gekauft, es gehört mir. Uns, wenn Sie wollen. Ich möchte es nicht besitzen, nur gestalten, dann verlassen, abtreten. Wie gesagt, ich möchte es der Welt zum Geschenk machen. Ich glaube nicht an Götter, nicht an Wiedergeburt, ich glaube nur, dass wir Träger von Kultur sind, wir geben Gedanken, Ideen und Geschichten weiter, Bilder, Ängste, Konzepte, Ästhetiken. Wir haben eine Verantwortung, einen Auftrag. Menschen wie Sie und ich sind zu Besonderem befähigt – und das bedeutet Verantwortung. Wir können nicht einfach… Sie wissen schon: in den Wald gehen.“
„Ihr … Traum?“
„Ja“, sagt Frauchen, „mein Traum, ein begehbares Evangelium“, und dann gehe ich unter, gehe auf in ihrem Lächeln, verliere mich in ihrem Körper, wir strecken uns aus, auf einem kalten Betongrau, ich fühle heiße Haut, rieche Mund, fühle Blut, schmecke Schweiß. Ich sehe an eine Decke, die ich kenne, da flögen gehäutete Eichhörnchen, ich sehe Krähen, Kühe, und das Frauchen geht auf mir spazieren, genießt den Ausblick, steht auf mir, steht und sieht in die Ferne, sie lächelt und stülpt sich über mich, wir sind eins. Sie haucht und stöhnt: „Arche Noah, nur zu Ende gedacht, plus den Samenspeicher von Spitzbergen, plus Kunst, plus Kreativität, plus Drogen, plus Gehirnwäsche. Ich will eine Installation, ein Gemälde, ich will ein Werk, das keinen unverändert lässt, ich will ein Wunder, das den Menschen im Nacken packt und schüttelt, dass ihn überwältigt und zermalmt, das ihn auseinander nimmt und neu zusammensetzt. Oder kaputt macht, mir egal: Wer dieses Werk nicht übersteht, soll abtreten, weißt du, Loris“, singt das Frauchen in mir. Mein Becken bewegt sich zum Takt ihrer Worte, ein nassnasses Glitschen aus Wärme und Geilheit, ich spüre wieder eine Körpergrenze, denke ich, sonst könnte ich die Reibung nicht fühlen, denke ich, trinke ihren Mund, ihren warmen, nach Frauchen riechenden Speichel. Hat sie mich geduzt, sind wir uns wirklich schon so nah? „Kunst sollte ein Sieb sein, gute Kunst, existenzielle Kunst, Kunst, die es ernst meint und etwas bewegen will, darf niemals rücksichtsvoll und gefällig sein, das, exakt, ist das Gegenteil von Kunst, hörst du mich?“, das Frauchenmaul beißt in mein Ohr, kaut mein Ohr, ich fühle die schnelle, heiße Zunge in meinem Gehörgang, als suchte sie etwas und meine Zunge sucht irgendwo in ihr. Frauchen stöhnt und schreit und singt und ihre Gedanken klatschen wie Wellen von innen an meine Stirn: „Wir finden die zweihundert besten Menschen der Welt und versammeln sie hier, in diesem Raum, in Ihren Bildern. Sie bauen diese verstörende, beeindruckende Welt, Sie malen diese Bilder, die sie mir seit Jahren schicken.“ (Ich schicke Bilder?) „Und oben die galoppierenden Kühe, das ist gut, das gefällt mir, Loris, das ist ein großartiger Gedanke, nur darf es dort noch längst nicht zu Ende sein.“ Ich werde geritten, schnell und schwerelos tanzt der Frauchenkörper auf meinem wie ein Massiv daliegenden Leib, ich bin ein Reck, ein Barren, ein Turngerät. Frauchen gleitet und tanzt, ihr Körper dreht und schwebt und ist eins mit der Zeit und dem All. Ihr heißer, nasser Hintern glitscht über meine Brust und auf mein Gesicht, ich tauche hinein, tauche ab. Und höre doch ihre Stimme, klar und direkt in mich hinein: „Wir müssen nicht nur an das Hier und Jetzt denken, wir müssen an die denken, die in zwei Jahrtausenden diesen Ort begehen und verstehen wollen, was wir waren. Wir werden die Menschen auf dieser Liste hier her holen und sie ausstellen, Sie verstehen mich, ein Mahnmal für das hier, ein unmissverständliches Piktogramm für die Nachwelt!“, und dann nimmt Frauchen Anlauf, ich stecke mit dem Gesicht noch in ihrem Schritt und kann so genau fühlen, wie sie Kraft sammelt, wie sie anspannt zum Absprung. Ich höre sie schreien, mich schreien, sie hält sich an meinem Schwanz, ihr Kreischen pfeift in den Ohren, sie kommt wie eine Welle, heißes Wasser schießt mir ins Gesicht, eine sprudelnde Quelle, mir geht die Luft aus und ich schlucke, fülle meine Lungen mit ihrem Sud, bis ihr Schrei sich krümmt und sie wieder zur Landung ansetzt, michkaut und leckt, knetet und rupft. Sie schmatzt und saugt und ich denke, dass das wirklich groß ist, größer als alles, was ich je gedacht habe. Größer, teuflischer, gefährlicher. Es ist ein Todesplan, ist menschenverachtend und genial. Ich bin an eine Psychopathin geraten. Und wenn ich jetzt ejakuliere, bin ich für immer verloren, denke ich und ich weiß nicht warum ich das denke, so wie ich nichts mehr weiß und das Denken nichts mehr ist, was in irgendeiner Weise etwas von mir Steuerbares wäre. Wie kann es sein, dass jemand meine Bilder kennt, behauptet, ich hätte diese Bilder verschickt? Was sagt das über diese Welt, dass ein anderer meine Bilder, meine Träume sehen kann oder dieselben Träume träumt, ohne dass ich jemals darüber auch nur ein einziges Wort verloren hätte? Dann wäre ich doch nur Holz, aus dem man Instrumente, Werkzeuge, Spielzeuge schnitzen könnte, oder?
„Komm schon, Loris, komm! Hör auf, dich zu sperren, lass dich gehen, lass dich fallen, ich kann dich immer fangen, zusammen sind wir eins. All-eins. Du wirst nie wieder allein sein.“