Als ich wieder zu mir komme, liege ich ausgeleert, verlassen und zertrümmert auf dem Boden eines der höheren Stockwerke meines Wohnblocks. Fühle mich wie ausgeschabt, klebrig, rieche nach fremdem Körper. Meine Bewegungen schmerzen und sind stark verlangsamt, meine Muskeln sind schlecht erzogene Haustiere, altersschwach und schwerhörig. Meine Nase ist geschwollen und hängt haltlos in der Mitte meines Gesichts, ich fühle eine Kruste aus Schweiß und Blut und Schleim bei jeder kleinsten mimischen Verrenkung. Mein Handy klingelt. Sehe darauf: Sechzehn verpasste Anrufe. Rieke und immer wieder Rieke. Was habe ich getan? Ein schweres Echo hallt von den leeren Wänden zu mir zurück, hämmert zwischen meinen Ohren. Ich möchte sie mir zuhalten und als meine Hände sie nach unzähligen Momenten endlich zu fassen bekommen, kann ich fühlen, dass einige Stücke davon fehlen, Frauchen muss mich gegessen haben, Teile von mir. Ich stelle mir ihr kleines Mäulchen kauend vor und muss vorsichtig lächeln. Nach einer Weile rufe ich Rieke zurück. Sie ist aufgelöst.
„Mein Gott, Loris!“, kreischt sie. „Ich dachte, du wärst tot. Wo steckst du, warum meldest du dich nicht? Wo bist du gewesen?“ Ich kann nicht antworten. Der wüste Traum tanzt noch in mir. Alles schmerzt. Ich bin nie mehr allein. Werde immer allein sein. Oder ein neues Evangelium schreiben. Wald oder Weltreligion? Ich schließe die Augen und versuche an Kühe, grüne Wipfel und wilde Erdbeeren zu denken.
„Ich bin in der Klinik, der Arzt…“, Rieke schluckt und nimmt noch einmal Anlauf: „Der Arzt hat mir die Ergebnisse mitgeteilt. Loris, sag was!“
Ich mache irgendein Geräusch, unfähig zu mehr.
„Du bist der Vater. Du bist. Du! Der Vater! Sie haben einen Test gemacht. Haben Sie wirklich einen Test gemacht? Mit dir? Hier steht, dass du, Loris, dass du mit 99,9 prozentiger Wahrscheinlichkeit der Vater des Kindes in meinem Bauch bist. Pränataler Vaterschaftstest, steht hier. Haben sie …“, kreischt Rieke, sie kreischt wie ein Schwein, das man mit einem Elektroschocker zur Schlachtbank treibt, „einen Test mit dir gemacht? Haben sie dir Blut abgenommen?“
Ich nicke und ich weiß, dass das nicht reicht, dass Rieke mein Nicken nicht sehen kann, aber ich habe keine Stimme. Keine Stimme für nichts. Ich versinke im Chaos. Wie kann das sein? Was macht Frauchen mit uns und ich höre ihr Lachen, sehe sie kauen, mir die Nase brechen, ihre Fut auf meinem Gesicht tanzen, ich schmecke den Schmerz, die Wut.
Was bleibt, ist Flucht. Sonst nichts.