Matjes in Vorpommern

geschrieben am 26.07.2012

Der Oldenburger Stadtschreiber steuert in kurzen Hosen und T-Shirt auf einen Fischwagen zu, der auf einem Supermarktparkplatz in Vorpommern steht. Im Schlepptau – zwei Kinder. Langsam erhebt sich der Fischer von einem Plastikstuhl. Er sieht freundlich aus. Bart, Prinz-Heinrich-Mütze. „Na, was soll es denn sein?“
„Haben Sie Matjes?“
„Klar, hier. Ganz zart.“ Der Stadtschreiber schweigt.
„Ist das dieser Sushifisch?“, fragt der ältere Sohn.
„Du bist still. Ich will nichts von Sushi hören.“
„Dushi haben, Dushi haben“, kräht der jüngere Sohn.
Der Stadtschreiber sieht den Kleinen fassungslos an. Alle anderen sehen ihn an.
„Gibt’s Probleme?“ fragt der Fischhändler zögernd.
Der Stadtschreiber schweigt. Dann stößt er hervor. „Die Zubereitung.“
„Das ist doch ganz einfach“, sagt lachend der Fischer. „Zwiebeln, Äpfel, ein paar eingelegte Gurken, saure Sahne und fertig ist der Lack. Schön Pellkartoffeln dazu.“
Der Stadtschreiber sieht aus wie geschlagen. „Er hat es versprochen!“, sagt der ältere Sohn. „Papa, wem noch mal?“
„Den Oldenburgern.“
„Was hat er denen denn versprochen?“, fragt der Fischer, nimmt die Mütze ab und trocknet sich die Stirn mit dem Hemdsärmel.
„Na, dass er das anders macht. Mit Kuss-Mus.“
„Mit Couscous“, verbessert der Stadtschreiber.
„Was is dat denn?“, fragt der Fischer.
„Ein nordafrikanischer Gries. Gibt es in Marokko und so.“
„Und so machen die Oldenburger den Matjes?“
„Nicht die Oldenburger, die von Spiekeroog.“
„Ich versteh jetzt gar nichts mehr“, sagt der Fischer.
„Ich auch nicht“, sagt der Stadtschreiber und geht. Ohne etwas zu kaufen.

Wer verstehen will, muss hören

geschrieben am 31.07.2012

Seit Jahren arbeite ich für das Deutschlandradio Kultur. Für mich war nach der Journalistenschule schnell klar, dass ich Schreiben möchte und Radiomachen. Für Zeitungen schreibe ich fast gar nicht mehr, weil das zu nah an meinem literarischen Schreiben ist. Aber das Radio macht mir noch immer Spaß. Diese Konzentration auf das Gehörte. Das haben wir heute nur noch ganz selten, dass wir bewusst etwas hören, ohne etwas zu sehen. Beim Radio muss der Text auch ganz anders geschrieben werden, als wenn das ein Text zum Lesen wäre. Viel direkter und erzählerischer. Und man kann seinen Interviewpartner glänzen lassen, indem man ihm alle Ähs, Ohs und Stotterer rausschneidet, ohne dass das später jemand hört. In Oldenburg habe ich nun also den Hörgarten entdeckt und möchte ihn empfehlen für die Ferien. Er liegt im „Haus des Hörens“, habe ich staunend festgestellt, und dass es eine Hörforschung gibt in Oldenburg. Also Augen zu und Ohren auf für folgende Exponate: Windharfe, Mittelohrpauke, Akustische Kanone,  Flüsterspiegel uvm. Danach übrigens unbedingt wieder die Augen aufmachen, weil viele Exponate auch sehr schön aussehen!

Autonama in Worpswede

geschrieben am 02.08.2012

Übermorgen ist es soweit. Die Autorennationalmannschaft spielt in Worpswede und damit nur in Wurfweite, oder vielleicht eher Schussweite, von Oldenburg. Worpswede ist im „Vogeler-Fieber“: Anlässlich des 140. Geburtstages und des 70. Todestages von Heinrich Vogeler veranstalten die Worpsweder Museen, der „Barkenhoff“, die „Große Kunstschau Worpswede“, das „Haus im Schluh“ und die „Worpsweder Kunsthalle“ eine große Gemeinschaftsausstellung, die unter dem Thema „Heinrich Vogeler. Künstler – Träumer – Visionär“ steht. Sie findet noch bis zum 30. September 2012 statt. Am Sonnabend, den 04. August, kommen wir ins Spiel. Um 14 Uhr trifft die Autonama auf eine Worpsweder Auswahl, die etwa so aussieht:

  1. Dieter Zembski, Bundesliga 1968-1980, 1 Länderspiel (1971)
  2. Dieter Burdenski, Fußball-Weltmeisterschaft 1978 und 1984
  3. Günter Hermann, 1988 und 1993 Deutscher Meister, 1990 Weltmeister
  4. Rigobert Gruber, 1980 UEFA-Cup Sieger, 1981 DFB Pokalsieger
  5. Frank Neubarth, 1988 und 1993 Deutscher Meister, 1991 DFB-Pokalsieger
  6. Matthias Ruländer, 1988 Deutscher Meister, 1989 DFB-Pokalsieger
  7. Clarens Jung
  8. Christoph Meier
  9. Daniel Schausberger
  10. Stefan Wasser
  11. Robin Jung
  12. Thomas Eder
  13. Timo Hilker
  14. Stephan Kück-Luers

Meine Güte, all die Werder-Recken. Mal sehen, was wir da entgegensetzen können.

Die voraussichtliche Autorennationalmannschaft:

  1. Klaus Zehrer
  2. Bernd Oeljeschläger
  3. Simon Roloff
  4. Nils Straatmann
  5. Albert Ostermaier
  6. Klaus Döring
  7. Martin Scharfe
  8. Thomas Klupp
  9. Andreas Becker
  10. Norbert Kron
  11. Jochen Schmidt
  12. Marius Hulpe
  13. Falko Henni
  14. Hakan Savas Mican
  15. Peter Zilahy
  16. Moritz Rinke
  17. Gregor Sander

Am Abend wird gelesen. Um 20 Uhr 30 in der Music Hall.

Pokalsieger der Mägen

geschrieben am 07.08.2012

Worpswede hat alles gegeben. Pünktlich um 9 Uhr am vergangenen Freitag wurde unsere Autorennationalmannschaft in Berlin mit dem Bus abgeholt und nach Niedersachsen gefahren. Kaum angekommen gab es im „Hotel Eichenhof“ den ersten Empfang. Wir hatten kaum Zeit Luft zu holen. Ein Drei-Gänge-Menü jagte das nächste. Im örtlichen Stadion war extra ein neuer Rasen angewachsen, und der FC Worpswede durfte darauf nicht spielen, bis wir darauf gespielt hatten. Der eigens angefertigte Vogeler-Pokal (zur gerade stattfindenden Heinrich-Vogeler-Ausstellung) war so groß, wie der der Champions League. Zum Spiel kamen 600 Zuschauer – auch eine eher ungewöhnliche Zahl für Autonamaspiele. Das Spiel war ausgeglichen, und wir erspielten gegen die Worpsweder-Auswahl, die mit fünf Werdergrößen wie Dieter Burdenski, Günter Hermann oder Rigobert Gruber angetreten war (also eher eine Worpswerder Auswahl), ein leistungsgerechtes (Tolles Wort! Wollte ich immer schon mal benutzen!) 0:0. Das Elfmeterschießen haben wir verloren, um dann bei der anschließenden Lesung in der Worpsweder „Music Hall“ vor 250 Zuschauern noch mal zu Hochform aufzulaufen. Dazwischen gab es natürlich ein weiteres Drei-Gänge-Menü in einem der vielen guten Restaurants des Weltdorfes. Wenn Schalke Meister der Herzen war, so sind wir die Vogeler-Pokalsieger der Mägen!

Es lebe der König

geschrieben am 09.08.2012

Oldenburg hat einen besonderen Gast. Er fällt vielleicht nicht jedem auf. Man muss, um ihn zu – nun ja sehen kann man ihn nicht, aber – hören, die Stadt verlassen und in das Ipweger Moor gehen. Bei dieser Geschichte fällt auf, dass schon der Handlungsort für Nichtoldenburger merkwürdig klingt. Und das Ipweger Moor befindet sich in der Nachbarschaft der Barkenkuhle, des Heiddeich und der Gellener Torfmöörte. Was mag eine Torfmöörte sein? Ein Wort mit zwei aufeinanderfolgenden Ös. Ich kenne noch nicht mal ein Wort mit zwei nicht aufeinanderfolgenden Ös. Aber ich schweife ab.

Im Ipweger Moor wurden mehrere Paare des Wachtelkönigs entdeckt. Der NABU Oldenburger Land e.V. ist begeistert ratlos: „Seit seinem letzten großen Auftritt Ende der neunziger Jahre ist dieser Vogel im Ipweger Moor zum ersten Mal wieder in der Brutzeit hier bei uns erschienen. Wachtelkönige sind weltweit in ihrem Bestand bedroht und stehen auch in Niedersachsen als stark gefährdete Vögel auf der Roten Liste. Sein diesjähriges Auftreten mit mindestens fünf Rufern im Ipweger Moor ist eine freudige Überraschung.“ (http://www.nabu-oldenburg.de/temp/wachtelkoenig.php) Vielleicht, so mutmaßt der NABU, gibt es Probleme in seinen Hauptbrutgebieten im Osten Europas. Was heißt das wohl unter Wachtelkönigen? Die Oldenburger können sich also über diesen seltenen Gast freuen. Zu hören ist er hauptsächlich nachts, und wer jetzt einen nachtigallartigen Gesang erwartet, dem sei gesagt, dass der wissenschaftliche Name des Wachtelkönigs Crex crex lautet. Man nennt ihn auch Wiesenknarrer. Um es kurz zu machen: Er klingt wie ein rostiges Scharnier (http://www.tierstimmenarchiv.de/webinterface/contents/showdetails.php?edit=-1&unique_id=TSA:1447_Wachtelkoenig_Rufe) oder wie der NABU es ausdrückt: „Aus der Dunkelheit tönte ein nicht endender schnarrender Doppellaut wie „krex-krex“, der stundenlang im Sekundentakt wiederholt wird und so kräftig ist, dass er noch in einem Kilometer Entfernung zu hören ist. Man erwartet kaum, dass dieses Geräusch von einem Vogel stammt.“