Hier könnte Ihre Werbung stehen

geschrieben am 14.07.2011

2011_07_14_Bild1_grossAlle Oldenburger, das liest man ständig, sind unglaublich zufrieden mit ihrer Stadt. Die Einwohner sind zufrieden, die Unternehmen sind zufrieden, die Vermieter sind genau so zufrieden wie die Mieter, die Ladenbesitzer genau so wie die Kunden, die Polizisten wie die Verbrecher, selbst die Enten auf der Hunte gehören zu den zufriedensten Enten der ganzen Republik.

Die einzige, die in Oldenburg nicht zufrieden ist, die überhaupt nicht zufrieden sein kann, ist die Werbebranche. Werbung hat es nicht leicht in einer zufriedenen Stadt, weil niemand mehr etwas möchte, weil es einfach keine Begehrlichkeiten gibt. Alles, was die Werbebranche anbietet, wird mit einem Achselzucken aufgenommen. „Vielen Dank“, sagen die Oldenburger zu jedem Plakat, zu jeder Anzeige. „Aber wir haben doch alles, was wir zu unserem Glück brauchen.“

Das macht die Werbebranche natürlich sehr traurig und auch sehr einsam als einzig Unzufriedene in einer zufriedenen Stadt. Aber die Werbebranche wäre nicht die Werbebranche, wenn ihr da nicht etwas eingefallen wäre. Und so wird in Oldenburg am meisten Werbung für Werbeflächen gemacht. Überall auf Plakatwänden, auf Litfasssäulen, auf Kneipenklos wird einem angeboten, an genau dieser Stelle zu werben. Und diese Werbefläche wird gemietet von anderen Werbeflächenanbietern, die dort dann für ihre Werbeflächen werben, auf denen schließlich wieder für dritte Werbeflächen geworben werden kann. Und so weiter und so weiter. Ein unendlicher Aufschub von Möglichkeiten.

Und was anderes als das ist schließlich Zufriedenheit?

Der Oldenberg ruft

geschrieben am 19.07.2011

2011_07_19_Bild1_grossAls virtueller Stadtschreiber kommt man leider immer etwas zu spät. Und so muss ich heute meinen eigenen Hafentag nachholen, was gar nicht so einfach ist. Im Netz ist der Oldenburger Hafen nämlich ein gut behütetes Geheimnis. Gibt man bei Google Maps „Hafen Oldenburg“ ein, zeigt die Seite perfider Weise den Hafen in Bremen an. Ändert man die Reihenfolge der Suchbegrife, verweisen zwei der drei Links auf die „Praxis am Hafen“, der dritte führt einen zur Oldenbuger Filiale der niedersächsisches Hafenmarketinggesellschaft. Auf dem Stadtplan findet sich dann zwar eine Hafenpromenade, aber die scheint gar nicht am Wasser entlang zu führen und endet, zumindest bei Google Maps, im Nirgendwo. Selbst bei den Stellenangeboten auf opportuno.de findet sich der Oldenburger Hafen überall, in Emden, in Surwold, in Wilhelmshaven, nur nicht Oldenburg.

Anscheinend will man den Hafen gut verstecken. Er ist einem in Oldenburg anscheinend nicht geheuer, vielleicht schämt man sich seiner auch. Vielleicht will man der Welt glauben machen, Oldenburg habe gar keinen Seezugang, vielleicht hat man sich bei irgendeinem Städtetreffen mal leichtfertiger Weise als alpiner Wintersportort ausgegeben und fürchtet nun, dass alles auffliegen könnte. Viel schneller als der Hafen findet sich bei Google Maps schließlich der „Alpenverein Oldenburg“. In dessen Satzung findet sich unter „Verwirklichung des Vereinszwecks“ auch die Aufgabe: „Pflege der Heimatkunde“. Da pflege ich gerne mit. Ach, ihr majestätischen Berge Oldenburgs, ihr schneebedeckten Gipfel, ihr saftig grünen Täler, ihr seid mein wahrer Hafen.

153 aktuelle Angebote

geschrieben am 23.07.2011

2011_07_23_Bild1_gross153 Wohnungen könnte ich bei immobilienscout.de in Oldenburg mieten. Von der „Dobbenviertel-Exklusivität und Gediegenheit pur“ über die „Obenwohnung in Ofen mit Balkon“ bis zu „Nur für Rentner“ in Osternburg. Ich könnte „über die Dächer von Eversten“ blicken, ich könnte „zu Fuß zum Evangelischen Krankenhaus“, ich könnte in „9 Minuten mit dem Fahrrad in die City“, ich könnte sogar einen „Volltreffer für junge Leute“ landen. Ich könnte stilvoll, ich könnte lichtdurchflutet und hochwertig saniert, schnuckelig könnte ich, und traumhaft könnte ich und innenstadtnaher Jugendstil und ideal für Paare mittleren Alters könnte ich auch. Und überall die Fotos von leeren Räumen, die meine Räume sein könnten, durch die ich laufen könnte, in denen ich sitzen könnte, wenn ich 153 Stühle hätte, in denen ich schlafen könnte, wenn ich ein 153 Betten hätte, in denen ich wohnen könnte, wenn ich 153 Leben hätte, gleichzeitig oder nacheinander, darauf käme es nicht an. Ich könnte morgens aus 153 Haustüren treten in 153 Tage, an denen ich arbeite und Kuchen esse und mich stoße und einen Gruß erwidere und ein Eichhörnchen sehe und huste und mich kurz verliebe und meine Schnürsenkel zubinde und einen Weg erkläre und mich wundere und Briefmarken kaufe und etwas vergesse und ein Angebot studiere und mich vor dem Tod fürchte und telefoniere und ein Lied summe und einen Baum schön finde und elf Euro bezahle und warte und warte und mich verspreche und eine Reise plane und wieder zurückkomme in meine 153 Wohnungen und aus meinen 153 Küchenfenstern schaue und mich dabei manchmal noch hinter einer Straßenecke verschwinden sehe.

 

Oldenburg in Zahlen. Heute: Glaube, Liebe, Hoffnung

geschrieben am 27.07.2011

2011_07_27_Bild1_grossGlaube:

Anteil christlicher Konfessionszugehörigkeiten an der Gesamtbevölkerung 2009: 60,4%

Zuschauerschnitt EWE Baskets Saison 2010/2011: 3131

Einträge von Astrologen auf gelbeseiten.de: 2

Hexenprozesse in Oldenburg zwischen 1497 und 1589: 4

IHK-Klimaindex 2. Quartal 2011: 128,5 Punkte (6 Punkte weniger als im Vorquartal)

Liebe:

Eheschließungen 2009: 789

Ehescheidungen 2009: 500

Kraftfahrzeugzulassungen für Neufahrzeuge 2009:  7015

Einträge von Paartherapeuten auf gelbeseiten.de: 7

Anzahl der Tiere im Tierheim Oldenburg: ca.: 160

Hoffnung:

Geburten 2009: 1423

Gewerbeneugründungen 2010: 1378

Aufwendungen der Stadt Oldenburg für eigene Investitionen 2009: €33.153.000

Wahlbeteiligung in Oldenburg an der Landtagswahl 2008: 56,3%

Gewinnzahlen 6 aus 49 bei Lotto Niedersachsen vom 23.7.11: 8, 12, 18, 20, 24, 33

Anzahl der Gewinne mit sechs Richtigen: 7

Oldenburg bei Nacht

geschrieben am 01.08.2011

Eine tschechische Bekannte erzählte mir vorgestern, wie sie als Kind nach Deutschland kam, und dass eines der ersten Dinge, die sie sah, ein Aufkleber mit der Aufschrift „Oldenburg“ war. Sie hatte keine Ahnung, um was es sich bei Oldenburg handelte. Sie konnte sich nichts darunter vorstellen. Oldenburg war das erste Rätsel von vielen, die ihr in Deutschland begegneten, und vielleicht liegt es daran, dass sie es nie gelöst hat. Oldenburg wurde zu einem magischen Ort für sie, zu einem Symbol für alles Unbekannte, alles Fremde, für alles, was nur Wort ist und Versprechen.

Sie denke sehr oft an diesen Aufkleber, sagte sie mir und fragte, wie Oldenburg denn so sei. Ich überlegte kurz, ob ich ihr vom diensttäglichen Eichhörnchenmarkt dort erzählen sollte, von der hustenden Kirchturmuhr, vom Oldenburger Bartboykott, der rückwärts fließenden Hunte, vom zweisprachigen Gespenst im Pulverturm, von den fünfbeinigen Pferden im Eversten Holz, dem Liebeskummerfestival im Spätherbst.

Doch ich sagte nichts davon. Ich sagte etwas Kurzes und Vages, und meine Bekannte wollte nichts anderes hören. Weil es vielleicht wichtig ist, noch ungelöste Rätsel zu haben, vor allem wenn es sehr alte Rätsel sind, die man schon Jahre mit sich herumträgt, die einem keine schlaflosen Nächte bereiten, an die man in schlaflosen Nächten aber manchmal denkt und sich freut über alles, was offen ist.