Die Ruhestörung [ 32 ]

Der nächste Tag kam zögerlich. Der Morgen zog diesig herauf; Nebelschwaden waberten durch die Stadt und überzogen alles mit einem silbrigen Film. Diejenigen, deren Häuser am Vortag mit einem Kreuz markiert worden waren, saßen am Fenster und harrten der Dinge, die durch den Nebel kommen würden.

Selbstverständlich hatte man Witze über den wirren Alten mit seinem Fellumhang gemacht; aber merkwürdig war es doch gewesen, dass sich seine Kreuze – obwohl doch aus Kreide! – nicht hatten wegwischen lassen. Egal mit welchem Mittel man sie beschmierte und versuchte, abzureiben – sie hafteten den Häusern an, ohne dass die Bewohner genau wussten, was es mit diesen Zeichen eigentlich auf sich hatte.

Als es zur achten Stunde schlug und sich in den Straßen der Stadt schon längst rege Geschäftigkeit hätte ausbreiten müssen, war es noch immer auffallend ruhig und leer. Der letzte Glockenschlag verklang – und durch die Nebelschwaden wankte ein Wesen, dünn, hager, über und über mit Morast bedeckt, das Haar verklebt, das Gesicht kaum erkennbar.

Hinter den Fenstern wurde zu Gewehren gegriffen, die Offiziere wurden verständigt. Kurz bevor ein beliebter Bäcker die Gestalt aus dem Moor beinahe erschossen hätte, schrie ein Kind: „Das ist ja gar keine Moorleiche, das ist doch der Schäfer Lampe!!“ Es war wirklich ein Sauwetter gewesen, draußen, vor den Toren der Stadt. Von Untoten wusste Schäfer Lampe nichts zu berichten.

Himmlische Baisers [ 33 ]

Dann aber gibt es immer wieder Jahre, in denen sich die Kälte nur widerwillig zurück an ihren Ursprungsort bannen lässt und sich bei der erstbesten Gelegenheit wieder zurückschleicht und allem Lebendigem, gerade Aufblühendem, ins Mark fährt. Selbstverständlich hat Oldenburg unter diesem Phänomen am meisten zu leiden. Auf dem Weg vom Nordpol nach Zentraleuropa kann die Kälte gar nicht anders, als Oldenburg zu vereisen; selbst wenn schon längst Frühling ist, Frühsommer fast, kann es vorkommen, dass die Oldenburger aufwachen und sich mitten im Winter wähnen. Wer würde da nicht ein brütendes, melancholisches Temperament entwickeln?

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Pfingstbaumpflanzen [ 34 ]

Einmal im Jahr geht ein Zittern durch die Oldenburger Wälder; ein Flimmern, Erbeben und ein Rauschen. Kurze Zeit später sieht man dann – befindet man sich zufällig auf einer kleinen Anhöhe -, wie sich die ersten Bäume, vom Boden befreit, auf den Weg in Richtung Stadt machen. Zarte, in hellstes Blattgrün gekleidete Birken bewegen sich mit nervös umher schwankenden Kronen über den Heideboden, erst ein, dann zwei, und nach wenigen Minuten schon scheinen sich ganze Teile des Waldes abgelöst zu haben und gen Stadt zu marschieren.

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Rauschlos in Oldenburg [ 35 ]

Die Angelegenheit mit dem Kaffee hat bis heute niemand so richtig verstanden. Aus Gründen des Taktgefühls sollte daher davon abgesehen werden, in Anwesenheit von Oldenburgern Kaffee zu trinken – es könnte zu erheblichen Verwirrungen führen, deren Konsequenzen hinreichend bekannt sind.

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10 Dinge für eine Frühlingsreise nach Oldenburg [ 36 ]

Wehe dem Reisenden, der sie vergisst.

1. Ein Regenschirm (besser zwei).

2. Ein Wintermantel (so nur einer vorhanden).

3. Stock zur Abwehr neugieriger Tiere und Einwohner.

4. Glasperlen und Spiegel – als Tauschware. In manchen Fällen werden noch immer keine Münzen akzeptiert.

5. Eine Axt, eine Machete, ein Klappmesser – haben schon manchem Reisenden in der Not geholfen.

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