Es lebe der König

geschrieben am 09.08.2012

Oldenburg hat einen besonderen Gast. Er fällt vielleicht nicht jedem auf. Man muss, um ihn zu – nun ja sehen kann man ihn nicht, aber – hören, die Stadt verlassen und in das Ipweger Moor gehen. Bei dieser Geschichte fällt auf, dass schon der Handlungsort für Nichtoldenburger merkwürdig klingt. Und das Ipweger Moor befindet sich in der Nachbarschaft der Barkenkuhle, des Heiddeich und der Gellener Torfmöörte. Was mag eine Torfmöörte sein? Ein Wort mit zwei aufeinanderfolgenden Ös. Ich kenne noch nicht mal ein Wort mit zwei nicht aufeinanderfolgenden Ös. Aber ich schweife ab.

Im Ipweger Moor wurden mehrere Paare des Wachtelkönigs entdeckt. Der NABU Oldenburger Land e.V. ist begeistert ratlos: „Seit seinem letzten großen Auftritt Ende der neunziger Jahre ist dieser Vogel im Ipweger Moor zum ersten Mal wieder in der Brutzeit hier bei uns erschienen. Wachtelkönige sind weltweit in ihrem Bestand bedroht und stehen auch in Niedersachsen als stark gefährdete Vögel auf der Roten Liste. Sein diesjähriges Auftreten mit mindestens fünf Rufern im Ipweger Moor ist eine freudige Überraschung.“ (http://www.nabu-oldenburg.de/temp/wachtelkoenig.php) Vielleicht, so mutmaßt der NABU, gibt es Probleme in seinen Hauptbrutgebieten im Osten Europas. Was heißt das wohl unter Wachtelkönigen? Die Oldenburger können sich also über diesen seltenen Gast freuen. Zu hören ist er hauptsächlich nachts, und wer jetzt einen nachtigallartigen Gesang erwartet, dem sei gesagt, dass der wissenschaftliche Name des Wachtelkönigs Crex crex lautet. Man nennt ihn auch Wiesenknarrer. Um es kurz zu machen: Er klingt wie ein rostiges Scharnier (http://www.tierstimmenarchiv.de/webinterface/contents/showdetails.php?edit=-1&unique_id=TSA:1447_Wachtelkoenig_Rufe) oder wie der NABU es ausdrückt: „Aus der Dunkelheit tönte ein nicht endender schnarrender Doppellaut wie „krex-krex“, der stundenlang im Sekundentakt wiederholt wird und so kräftig ist, dass er noch in einem Kilometer Entfernung zu hören ist. Man erwartet kaum, dass dieses Geräusch von einem Vogel stammt.“

Olden

geschrieben am 14.08.2012

Heute früh ist es mir rausgerutscht. Es war ein ganz normaler Morgen. Ein Kind für die Schule fertig machen, das andere für den Kindergarten. Meine Frau wollte ins Büro und ich auch, und während sie schon fast aus der Tür war und wir noch absprachen, wer heute noch was macht, sagte ich: „Erstmal werde ich jetzt olden.“ Ich meinte eigentlich: „Erstmal werde ich jetzt meinen Text für das Blogbuch Oldenburg schreiben.“ Aber das war auf der Wörterbahn zwischen meinem Hirn und meinem Mund stark verkürzt worden. Zu: Olden. Meine Frau lachte im Hinausgehen und sagte: „Ja, olde du mal was Schönes.“ Sie hatte mich also verstanden. Ohne große Erklärung. Ich habe, soweit ich mich erinnere, noch nie ein Wort erfunden, obwohl man das von einem Schriftsteller erwarten könnte. Olden ist also eine Prämiere. Ein Verb. Vielleicht ein bisschen uneitel. Ich olde, du oldest, er-sie-es olden. Andererseits ist es offensichtlich leicht verständlich und vielseitig einsetzbar. Ich stelle es Oldenburg und Umgebung gern zur Verfügung. Die Einwohner aus Dingsfelde könnten beispielsweise statt: „Ich fahre nach Oldenburg zum Einkaufen“, sagen: „Ich olde.“ (Immerhin 3 Worte gespart!) Der Oberbürgermeister von Oldenburg oldet natürlich auch jeden Tag, auch wenn nur er genau sagen kann, was das heißt. Das Rechtschreibprogramm meines Computers unterstreicht olden allerdings immer noch rot. Was man dem Programm natürlich auch nicht übel nehmen kann, denn das Wort wurde ja gerade erst erfunden. Aber nun: Genug geoldet.

Straßen, Zäune und der Tod

geschrieben am 16.08.2012

In Berlin gibt es eine Oldenburger Straße und eine Oldenburgallee. Am Beginn meines Amtes als Stadtschreiber dachte ich, dass ich da mal hinfahre. Aber jetzt fiel mir ein, dass ich da das Besondere an diesem Stadtschreiberamt schon wieder nicht verstanden habe. Es ist ja ein virtuelles Amt, also brauch ich auch in Berlin nicht in die Oldenburger Straße oder die Oldenburgallee fahren. Was ganz gut ist, denn beide liegen nicht gerade „umme Ecke“, wie man in Berlin sagt. Die Oldenburger Straße ist meiner Wohnung in Mitte näher als die Allee. Sie liegt in Moabit, einem Stadtviertel, das berühmt ist für sein Gefängnis (Erich Mielke saß da beispielsweise ein). Der neue Hauptbahnhof liegt in Moabit, und von dort würde man vermutlich etwa zwanzig Minuten laufen um in die Oldenburger Straße zu gelangen. Die Oldenburgallee allerdings liegt im Westend, in der Nähe des Funkturms, und da „möcht ich nich mal dot übern Zaun hängen.“ Dieses Zitat schleppe ich nun schon über 30 Jahre mit mir rum. In meiner Kindheit lief auf NDR 2, einem Radiosender der auch in Schwerin sehr beliebt war, die Sendung: „Zwischen Hamburg und Haiti“. Am Sonntag glaube ich. (Ganz begeistert habe ich gerade gesehen, dass es die Sendung immer noch auf NDR INFO gibt: http://www.ndr.de/info/programm/sendungen/haiti100.html) Meine ganze Familie saß dann immer vor dem Radio. Das Spannende war, dass man die meisten Orte nicht kannte und sie sich dann auch noch vorstellen musste, weil die Sendung ja eben im Radio lief. Außerdem gingen wir da in Schwerin natürlich davon aus diese Orte nie wirklich zu sehen. In einer Sendung vor über 30 Jahren ging es um Harburg, einen Stadtteil von Hamburg. Für mich als Kind, das in der DDR geboren wurde, war Hamburg natürlich genauso weit weg wie Haiti. Während meine Eltern in ihrer Jugend einmal dort gewesen waren, musste ich mir Hamburg vorstellen. Und eben auch Harburg. In dieser Sendung lernte ich, dass die meisten „richtigen“ Hamburger den Vorort Harburg verabscheuten und einer von ihnen sagte eben diesen legendären Satz, der in meiner Familie bis heute zitiert wird: „Haaarburch? Da möchte ich nich dot übern Zaun hängen.“ Was für ein schönes Bild. Denn wo bitte schön möchte man schon „dot übern Zaun hängen“? Das wird mir ewig ein Rätsel bleiben.

Meiner

geschrieben am 21.08.2012

In meiner Serie „Was weißt du von Oldenburg“ habe ich meinen kleinen Sohn befragt. Vielleicht erinnern Sie sich, dass mein 8jähriger Sohn Malte auf die Frage, wie er sich Oldenburg vorstellen würde, grau und nebelig sagte.

Diese Gefahr bestand bei Valentin nicht. Denn er ist erst zwei und weiß noch gar nicht, dass es Nebel gibt. Leider weiß er auch nicht, dass es Oldenburg gibt und wie man es ausspricht. Also habe ich mich vor ihn hingesetzt und „Oldenburg“ gesagt. Immer wieder. Valentin lächelte freundlich. Er versuchte nicht mal das Wort zu wiederholen. Was ungewöhnlich ist, denn er lernt gerade sprechen und plappert den ganzen Tag. Dabei lerne ich noch mal, was für eine Leistung das für einen kleinen Menschen ist, eine Sprache zu lernen. Und was dabei, quasi als Zwischenprodukt und nur für eine kurze Zeit, für eine schöne eigene Sprache herauskommt. „Teeballa“ heißt im Moment die Teeflasche, Bocka ist ein Brötchen im Besonderen, kann aber auch für Essen im Allgemeinen eingesetzt werden. Nur zu Oldenburg war ihm nichts zu entlocken. Die Stadt sollte das allerdings nicht persönlich nehmen, denn Valentin vermeidet noch ein Wort. Seinen Namen. Er hat noch nicht einmal ansatzweise so etwas wie „Valentin“ gesagt. Statt dessen sagt er „meiner“, wenn er sich meint. „Meiner Buch“, heißt er möchte ein Bilderbuch ansehen, „meiner Teeballa“, na das können Sie vermutlich schon selbst übersetzen. Die schönste eigene Kreation ist: „Meiner hop hop.“ Das bedeutet: „Valentin springt auf dem Trampolin.“

Abseitsfalle

geschrieben am 23.08.2012

Man sucht sich seinen Lieblingsfußballverein ja nicht aus. Es gibt glaube ich, mehrere Möglichkeiten ihn zu finden. Den regionalen Bezug, deshalb gibt es wohl so viele Werderfans in Oldenburg. Oder man begeistert sich für den Verein des Vaters, der Mutter, des Onkels ect. Die dritte Möglichkeit einen Lieblingsverein zu finden ist ein Spieler, den man als Kind verehrt. Den Verein nimmt man dann einfach mit. So ist mein Neffe, mit dem ich immer zu den Werderspielen in Berlin gehe, Bremenfan geworden. Wegen Miroslav Klose. Er ist Klose nicht zu den Bayern gefolgt und auch nicht zu Lazio Rom. Mein großer Sohn verehrt Philipp Lahm und wurde so ein Bayernfan. Bei mir ist das schwieriger. Schuld ist die Mauer, weil ich natürlich bis 1989 zwei Lieblingsvereine hatte. Bayern München seit 1978, seit ich bei der WM in Argentinien Karl Heinz Rummenigge spielen sah und natürlich Hansa Rostock. Mein regionaler Verein. In den 90er Jahren aber spielten plötzlich beide Vereine in der Bundesliga, in einem Land und es war klar für wen ich mich entschied. Entscheiden musste! Aber jetzt spielt Hansa in der dritten Liga, einige Fans benehmen sich wirklich daneben, und ich könnte doch wieder für die Bayern sein. Zusammen mit meinem Sohn. Aber es gelingt mir nicht. Offensichtlich ist eine abgebrochene Brücke nicht wieder aufzubauen. Warum ich das alles hier erzähle? Hansa Rostock hat ein Linksverteidiger aus der eigenen Jugend langfristig an sich gebunden. (http://www.fc-hansa.de/index.php?id=154&oid=28612) Offensichtlich ein großes Talent. Ronny Marcos heißt er, und er ist in Oldenburg geboren. Ein Oldenburger Jung, wenn das nichts für mein Blogbuch ist, habe ich gedacht und stand dabei knapp im Abseits. Denn Ronny Marcos ist in Oldenburg in Holstein geboren. Fußball ist manchmal wirklich kompliziert!